Donnerstag, 12. März 2009

12 Monate nach der Diagnose

.... gestern vor 1 Jahr erhielten wir die niederschmetternde Diagnose .....

.... nach 85 Tagebucheinträgen, unzähligen Stunden im Spital, 1000den geschluckten Tabletten,
war gestern die große Tag 180 Untersuchung.

6 Monate nach der Transplantation wurden routinemäßig jede Menge Untersuchungen durchgeführt. Die Befunde von der Knochenmarkpunktion vor 2 Wochen wurden besprochen und sind vielversprechend. Nahezu 100% Spenderzellen, also so gut wie keine "alten" Blutkörperchen mehr. Zwar entwickeln sich einzelne spezielle Blutzellen etwas langsam, aber das ist nicht besorgniserregend.
Philipp muss jetzt nur wegen Infekten noch etwas vorsichtiger sein, sein Körper ist zwar schon 15 Jahre alt aber er entspricht von der Sensibilität und vom Immunsystem eben dem eines 6 Monate alten Babys. Das Immunsystem wird aber hoffentlich im Schnellverfahren in den nächsten 12 Monaten vieles aufholen und ihm bis 2010 wieder altersgerecht beschützen.

Jetzt verträgt Philipp verschiedene frische Obstsorten noch nicht, darf nicht in die Sonne, muss sich auch vor großer Hitze schützen, weil durch die Ganzkörperbestrahlung vom vergangenen September jetzt bei Hitze die Gefahr einer Hirnschwellung besteht.
Aber das sind alles nur kleine Einschränkungen, im Vergleich zu dem was hinter uns liegt.

Durch die nun immer seltener werdenden Spitalsbesuche, stellen wir fest, wie schnell die unangenehmen Dinge vergessen werden. An vieles können wir uns nicht mehr errinnern. Sogar für Wege im Spiatl die wir unzählige Male gegangen sind, mussten wir gestern nachdenken, wie wir von A nach B kommen.

Auch wieder so ein praktischer Schutzmechanismus des Körpers, unangenehmes rasch zu vergessen. Mir kommt sogar vor, dass es diesmal schneller geht mit dem Vergessen, als vor 8 Jahren bei der Ersterkrankung. Viele der extremen Hygienemaßnahmen könnte ich heute nicht mehr beschreiben obwohl wir sie einige Wochen lang täglich mehrmals angewendet haben.


Mit jedem Tag rückt die Familienreha näher. Am 1. April ist es soweit, dann geht es für 4 Wochen für die ganze Familie zur Reha auf der Katharinenhöhe. Wir können es schon fast nicht merh erwarten endlich die Batterien wieder aufzuladen, Kondition aufzubauen und wieder Fit zu werden.

Bis dahin ist aber noch einiges zu erledigen. Eine Kontrolluntersuchung für die Kid´s bei unserer Hausärtzin, damit sichergestellt ist, dass wir keine ansteckenden Krankheiten mitbringen.
Eine Schutzimpfung für etliche Kinderkrankheiten für Philipp Ende März, wie geschrieben, muss Philipp alle Kinderschutzimpfungen nachholen.
Und eine routinemäßige Kontrolluntersuchung im St. Anna steht Ende März auch noch am Programm.


Am Tag genau nach 12 Monaten löst sich bei mir irgendwie eine schwere Last. Philipp hat die Therapie geschafft.
Ein interessantes Gefühl im Bauch, wenn jetzt die Gedanken der letzten Monate durch den Kopf fliegen und sich mit den Emotionen vor 12 Monaten mischen.
Zwar kommen jetzt noch einige Kontrolluntersuchungen und möglicherweise auch die eine oder andere Langzeitnebenwirkung, aber die Hauptkrankheit, die Leukämie, ist besiegt. Die Ärtze waren mit allen Diagnosen und Richtungswechseln in der Therapie erfolgreich. Philipp war tapfer und ist durch die Situation gewachsen, und auch wir Eltern sind stark geworden. Irgendwie ist man stolz auf etwas, das man sich nicht ausgesucht hat, und auf das man eigentlich auch gar nicht wirklich stolz sein will, weil es doch viele unangenehme Dinge waren, die wir erfahren und erleben mussten.
Gleichzeitig bin ich dankbar, für das sensationelle Team im St. Anna, auch wenn manchmal die Kommunikation zwischen den einzelnen Bereichen nicht ganz so reibungslos läuft, was sicherlich auch mit der angespannten Situation zusammenhängt. Es waren alle wirklich toll, die ÄrtzInnen, die Krankenschwestern und Pfleger, das Psychosoziale Team, bis hin zur Reinigung und zu den Krankentransporten, danke euch Allen.
Danke aber auch an alle die so oft an uns gedacht haben und die Daumen gedrückt haben.
Danke an unsere Vorgesetzten, die sehr großzügig auf unsere Situation Rücksicht genommen haben.
Danke an unsere Familie,
Danke an das Team der Kinderkrebshilfe und
Danke an die Freunde die ich jetzt nicht extra angeführt habe.
Ohne diesen unheimlichen Zusammenhalt und dieser "Rückendeckung" hätten wir es nicht geschafft.



Zwischenzeitlich macht Philipp enorme Fortschritte auf dem EDV Sektor.
Heute hat er die fünfte von sieben Prüfungen am Weg zum ECDL - Computerführerschein abgelegt. Am Dienstag 31.3. knapp vor der Abfahrt zur Katharinenhöhe, ist er noch zu einer Ehrung ins Rathaus eingeladen.

Sensationell, was Philipp neben dem ganzen medizinischen unangenehmen Dingen in den letzten 12 Monaten geschafft hat.

Und vor allem den Humor hat er sich erhalten. Das gibt uns allen Kraft und Mut.
Anders als viele Jugendliche ist er voll motiviert durch die Zeit der Therapie gegangen, immer das Ziel vor Augen, in ein paar Monaten bin ich gesund. Und es bestätigt sich, wenn man sich die Ziele positiv formuliert im Kopf ausmalt, dann können sie später auch Realität werden.

Mögen diese Zeilen allen Mut machen, die eine Transplant noch vor sich haben oder auch einen anderen schweren Weg gehen.

Es ist alles zu schaffen, wenn man fest daran glaubt.

LG
Markus