Freitag, 25. Juli 2008

:-) Fr. 25. Juli 2008

Eine wirklich intensive Chemowoche geht langsam zu Ende.
Es gab wirklich jeden Tag Chemo, manches über 36 Stunden, manches nur 1 Stunde dafür aber 4 Mal alle 17 Stunden.
Derzeit läuft ein Mittel über 24 Stunden ganz langsam in Philipp hinein, das sollte Morgen Samstag um 10:00 Uhr fertig sein, dann Nachspülen, dann kommt noch 1 Stunde Asparaginase (Spargel) und nocheinmal NAchspülen und so gegen 14:00 Uhr gehen wir dann hoffentlich wieder nach Hause.
Im Spital findet man eigentlich keine wirkliche Ruhe und schläft einfach schlecht. Auf den keimfreien Kunststoffmatratzen schwitzt man ganz furchtbar, im Zimmer ist es heiß, der Straßenlärm verhindert, dass man ein Fenster öffnet, ständig pfeit irgendein Infusomat, oder es kommt eine Krankenschwester und hängt zusätzlich zur Spülung und Bewässerung ein Chemomittel an.

Einen ausfühlichen Bericht über den Tagesablauf im Spiatal habe ich im Forum gepostet.

Die Nebenwirkungen beginnen auch schon langsam, die Schleimhäute im Mund verändern sich bereits, das wird wahrscheinlich in den kommenden Stunden ärger werden.
Sonst ist Philipp eigentlich noch sehr gut drauf. Studiert und analysiert den ganzen Tag über Kochsendungen auf ZDF im Internet, gustiert an den Menü für´s Wochenende und erklärt dem Papa die Hintergründe und Details zu den Gerichten und Kochgeschichten aus den TV Sendungen.
Trotz intensiver Bewässerung trinkt er ausreichend und plaudert viel, vor allem über jene Gerichte die er jetzt nicht essen darf, aber nach Abschluss der Therapie dann selbst kochen möchte.

Diese Woche haben wir einige neue Termine und Meilensteine erfahren.
Am Mo den 18.8. wird Philipp auf der Transplant eingecheckt.

Die erste Woche für Vorbereitungen und zur Eingewöhnung. In dieser Zeit wird ihm ein maßgeschneiderter Schutzpanzer für den Oberkörper angepasst, dieser schützt während der Bestrahlungen die Lunge und die Weichteile vor der Radioaktivität.

In der zweiten Woche sind dann die Bestrahlungen und eine Hochdosischemo vorgesehen, dann sollte das gesamte Knochenmark von Philipp zerstört sein und sein Körper bereit für das "neue" Knochenmark seiner Schwester.

Nach heutigem Plan ist der neue Tag "0" also der neue und somit zweite Geburtstag von Philipp für den 2.September 2008 vorgesehen.
Klingt ein bisschen wie George Orwell wenn man seinen eigenen neuen Geburtstag im vorraus plant.
Und wenn alles planmäßig verläuft dann darf Philipp ca. am Tag 28, also am
30. September wieder aus dem Reinraumzimmer raus.

Auch für Marie Therese stehen spannende Zeiten bevor. Anfang August darf sie auf Kosten der Kinderkerbshilfe noch einmal ordentlich Urlaub machen auf einen betreuten Krativcamp im Süden Österreichs, und Anfang September checkt sie für kurze Zeit auch im St. Anna ein. Philipp ist ihr persönlicher Choach und sie versucht zumindest uns Eltern gegenüber wirklich sehr stark zu sein. Obwohl sie natürlich große Angst vor der Nadel und der Narkose hat, gleichzeitig freut sie sich aber ein bisschen, weil sie zumindest Teile der ersten Schulwoche noch nicht in der Schule sein wird.

Ja und wir Eltern wissen noch nicht so genau, wie die kommende Zeit organisatorisch zu managen sein wird.
Philipp darf täglich ab 10 oder 11 Uhr Vormittags bis zum Schlafengehen von einen von uns besucht werden. Der Andere wird sich in der verbleibenden (Frei-)Zeit jeweils um Job und Marie-Therese und Kontakt zur Schule etc.. kümmern.
So im Schreiben fällt mich auf - da bekommt der Begriff Frei-Zeit eine ganz neue Bedeutung. ;-)

Na ja, jetzt haben wir schon fast 5 Monate sensationell organisiert, jetzt werden wir diese 6-8 schweren Wochen auch noch schaffen. Philipp muss ja dann noch mindestens bis zum Tag 100, das wäre nach heutiger Rechnung ca. Anfang Dezember, isoliert zu Hause oder im Spital bleiben. Diese Zeitspanne wird aber hoffentlich leichter zu organisieren sein, weil zumindest das aufwendige keimfreie Einschleusverfahren wegfällt.
Erst um den Tag 100 beginnt sein neues Immunsystem langsam zu funktionieren und er darf wieder unter Menschen gehen. Auch zeigt sich erst dann welche Schutzimpfungen er wieder braucht, weil sein Körperimmunsystem nach der Transplant jenem eines Neugeborenen entspricht und alles neu lernen muss. Dieser Prozess dauert erfahrungsgemäß zwischen 6 und 24 Monaten, wir sind schon gespannt.


Der Tag des Abschieds von der Station 2A rückt unaufhaltsam immer näher. Die Überstellung zum Team der Transplant ist eine bleibende Angelegenheit. Also die lebenslange weitere Betreuung erfolgt durch das Team der Transplant, weil die Symtome und Nach- u. Nebenwirkungen ganz andere sind, als bei "nur" Chemotherapie.
Wir verlassen die Station 2A mit ein bisschen Wehmut, haben wir doch hier viele Eltern und andere betroffene Kinder kennengelernt, ein tolles Ärtzeteam und liebevolle Krankenschwestern und Pfleger - die wir zum Teil schon vor 7 Jahren hier getroffen haben.
Irgendwie ist die Station zur zweiten Heimat geworden, wir kennen den Hausgebrauch, die Abläufe, die Eigenheiten, wir haben hier gekocht, gelacht, geweint und viele viele Gespräche geführt. Nicht falsch verstehen, natürlich sind wir froh, dass diese Zeit hinter uns liegt, aber es ist ein Abschied von einer vertrauten Umgebung.

Die "neue" Heimat ist nur eine Brücke weit entfernt im Nebengebäude, und wir werden in den nächsten Wochen dort viele neue liebe Menschen kennenlernen, einen neuen - wahrscheinlich ganz geänderten - Tagesablauf haben, und hoffentlich auch dort bald wieder draussen sein. Obwohl uns das "neue" Team in der Nachsorge - also zumindest den Philipp einmal jährlich - ein Leben lang begleiten wird.

Zum "alten" Team der 2A kommen wir jedenfalls sicher gerne zurück auf einen Kaffee, oder vielleicht bekocht Philipp ja "sein" Team von der 2A bei einen freiwilligen Besuch irgendwann.

Montag, 21. Juli 2008

:-) Mo 21.7.2008

Die vergangene Woche war für Philipp ganz o.k. - und für uns eigentlich auch :-)

Mo bis Mi war Philipp bei Opa. Das war supercool, weil es endlich einmal eine andere Umgebung war als zu Hause oder im Spital.
Papa ist mit Marie-Therese nach Kroatien gefahren und hat bis Donnerstag Energie getankt. Und Mama hat die ruhige Zeit zu Hause genossen.

Eigentlich hätte Philipp am Do Abend wieder ins Spital müssen und am Freitag wäre die Therapie weitergegangen. Nun hat sich aber wieder alles ein bisschen verschoben und wir sind erst am Sonntag Abend im St. Anna eingecheckt.

Am Wochenende hat uns Philipp mit seinen "neuen" Kochkünsten verwöhnt. Es gab mehrgängiges Menü, zuerst gab es Knoblauchschaumsuppe, dann Steak auf Rahmbrokkoli mit rosa Pfeffersauce und goldgelben Kartoffeltalern. Als Nachtisch gab es unter Blätterteig verstecktes Schokofondue und eine Trinkschokolade mit Pfiff (die war grenzgenial - zuerst süss und dann scharf im Abgang (mit Chillischote und Cardamin gekocht) Es war sensationell, Philipp entwickelt sich zum Feinspitz und Gourmetkoch.

Heute Montag gab es im Spital wieder volles Programm. Um 11:00 Uhr eine Lumbalpunktion und eine Knochenmarkspunktion in Vollnarkose, während der Aufwachphase hat dann bereits die Therapie begonnen mit 3 verschiedenen Chemomitteln in die Venen und einiges zum Schlucken.
Jetzt rinnt wieder das grausliche MTX in die Venen (das MTX macht nebenbei die Schleimhaut ganz kaput), das dauert jetzt 36 Stunden und Philipp muss alle 2 Stunden Harn abliefern bis das Zeug wieder aus dem Körper draussen ist. Das werden wieder schlaflose Nächte bis Mittwoch oder Donnerstag.

Mama ist jetzt in Kroatien zum Energietanken und kommt am Donnerstag mit Marie-Therese wieder nach Hause.

Philipp wird vorraussichtlich bis Samstag im Spital bleiben und jeden Tag verschiedene Chemomitteln bekommen. Ist in diesem Block relativ viel, sowohl in die Venen als auch zum Schlucken.

Derzeit geht es ihm (noch) sehr gut. Er macht lustige Witze (die Krankenschwestern wollen ja jetzt alle 6 Stunden Blut von ihm und er meint mit vermitzten Grinsen "ich geb ihnen aber keines, hihi") Auch hat er noch mächtigen Appetit auf Gschnetzeltes, Steak und GordonBleu, also vollen Fleischhunger.

Der tolle Haarflaum ist zwar wieder verschunden und auch die Muskeln verschwinden wieder so nach und nach, Philipp zittert ein bisschen und kann keine feinmotorischen Dinge tun, ist aber sonst wirklich gut drauf.

Die Nebenwirkungen (Müdigkeit und Unlust) werden wahrscheinlich erst in der zweiten Wochenhälfte beginnen.
Die eigentliche Wirkung - also wenn dann die Blutwerte wieder durcheinandergeraten - wird Mitte nächster Woche eintreten. Auf Grund der Erfahrungen der letzten Chemoblöcke vermuten wir, dass wir Ende kommender Woche wieder ins Spital müssen.
Dann 1-2 Wochen Erholungspause und dann gehts für 6-8 Wochen auf die Transplantstation. Die haben wir vor 2 Wochen bereits besichtigt und ein ausführliches Gespräch mit der Oberärztin geführt.

Ja da gibt es noch etwas ganz wichtiges. Philipp hat begonnen mit seiner Schwester über das Knochenmark zu sprechen. Schließlich braucht er ihr Knochenmark, und Marie-Therese hat viele Ängste und Sorgen. Wir haben viele therapeutische Maßnahmen und psychologischen Dinge sofort eingestellt, und stattdessen Philipp gebrieft damit ER der Coach von Marie-Therese wird. Die Beiden besprechen nun die weiteren Schritte und Marie-Therese hat Philipp zugesagt, dass er ihr Knochenmark bekommt. Feine Sache - und vor allem tolle Sache wie sich die Kids das ausmachen. Da können wir Erwachsene wirklich noch was lernen, nicht nur wir Eltern, auch die Psychologen und Ärzte ;-)

Montag, 14. Juli 2008

Montag 14. Juli 2008

Die Tage sind sehr turbulent, daher kommen wir nicht zum Tagebuchschreiben. Ich werde versuchen die letzten beiden Wochen in komprinierter Form zusammenzufassen.

Im letzten Chemoblock gab es zunächst die Hoffnung am Sonntag wieder nach Hause zu gehen, wenn der MTX Wert weit genug abgesunken ist. Und das ist eigentlich sehr wahrscheinlich. Hurra, eine Woche Chemo und dazwischen Heimurlaub, tolle Aussichten. Zwar war das Ärzteteam am Samstag von dem Plan nicht so ganz überzeugt, und am Sonntag Vormittag war der MTX Wert doppelt so Hich wie er hätte sein dürfen. Damit war die Hoffnung auf Heimgehen wieder weg. Auch der Nachmittagswert war zwar schon wesentlich besser, gab aber keinerlei Hoffnung auf Entlassung. So bin ich eben alleine nach Hause gefahren und genau in der Pause zwischen dem EM Finalspiel kam der Anruf „ Kannst du uns bitte abholen, wir dürfen nach Hause“.

So gab es also für Philipp 2 ruhige Nächte zu Hause, weil im Spital schläft es sich eben doch nicht so gut. Am Dienstag in der Früh wieder ins Spital und für 2 Tage den Chemoblock fertig machen. Mittwoch Nachmittag gab es dann noch ein sehr ausführliches Gespräch mit dem Chefpsychologen und den Arzt, bei dem wir die Kommunikationsprobleme der letzten Wochen endgültig ausgeräumt haben.

Wegen der doch sehr hohen Leukos hatten wir wieder einmal „lange Leine“ und waren am Donnerstag bei einem Freund zum Grillen im Garten. Philipp hat es genossen, ein bisschen ausserhalb der Einschränkungen zu leben. ;-))

Übers Wochenende kamen dann aber die ersten spürbaren Nebenwirkungen des letzten Chemoblocks. Die Übelkeit setzte ein, völlig unerwartet musste sich Philipp plötzlich übergeben, der Bauch schmerzte und der Darm wollte auch nicht mehr so wie er sollte.

Für Montag war eine Kontrolle bei uns zu Hause vorgesehen, also von den mobilen Pflegedienst, und für Dienstag hatten wir das o.k. vom Spital, dass Philipp für 2 Tage zum Opa darf. Die Vorfreude war auf alles Seiten sehr groß. Aber, es kam anders, eh klar.

Die Blutwerte vom Montag waren alles andere als zufriedenstellend, die Leukos sind auf 680 runtergerutscht, und auch der HB zeigt massiv fallende Tendenz, was die Müdigkeit erklärt. Dazu kommt, dass Philipp keinen Appetit hat und daher auch nur sehr wenig trinkt.

Am Dienstag geht es daher nicht wie geplant zum Opa – Mama und Papa hätten sonst erstmals 2 Tage frei gehabt und wären in Ländle gefahren – nein es geht zur Ärztlichen Kontrolle ins St. Anna. Dort zeigen die Blutwerte zwar eine leichte Stabilisierung gegenüber Montag, aber es sind keine Neutrophile – das sind vorbereitete unreife Zellen – vorhanden, dass heißt es ist nicht zu erwarten, dass in den nächsten Stunden der HB oder die Leukos ansteigen.

Trotzdem geht es zu Mittag wieder nach Hause, die Option mit Opa steht zwar noch, aber Philipp ist viel zu müde, fühlt sich nicht gut und lehnt daher ab.
Das war auch gut so, denn am Abend hat sich der Gesamtzustand so verschlechtert, dass es gegen 23:00 Uhr wieder in St. Anna geht. Diesmal stationär.

Immer wieder bekommen wir die Frage „Wie geht es dem Philipp?“ und wie man sieht ändert es sich stündlich.

Am nächsten Tag geht es Philipp aber schon wieder viel besser. Das liegt sicher auch an den drei verschiedenen Antibiotika und den Schmerzmittelbypass. Die Blutwerte sind allesamt zu niedrig, es wird also wahrscheinlich ein längerer Aufenthalt.

Am dritten Tag erholen sich die Blutwerte sehr sehr langsam, aber uns gibt das Hoffnung, endlich wieder nach Hause zu kommen. Aber wir müssen uns noch ein Weilchen gedulden.
Am Samstag kommen die ersten positiven Worte der Ärzte, am Sonntag ist es dann soweit, endlich wieder zu Hause.

Am Montag - also heute- wird der Besuch bei Opa nachgeholt. Am Mittwoch kommt wieder eine mobile Krankenschwester und am Donnerstag geht es wahrscheinlich wieder ins Spital, weil am Freitag beginnt der nächste und vorläufig letzte, aber auch härteste Chemoblock.

Papa fährt heute Montag mit Marie Therese nach Kroatien und zum Wochenende wechseln Mama und Papa. Aber bis dahin kann sich ja noch so viel ändern, also keine Prognosen.

Momentan geht es Philipp bis auf etwas Übelkeit und etwas viel Müdigkeit relativ gut. Da bis zum kommenden Wochenende keine Therapie geplant ist, hoffen wir, dass es auch so bleibt.